Eine Absage für Herrn Steinmeier

Die Absage des Theaterstücks Aghet, dessen Aufführung ursprünglich im deutschen Konsulat in Istanbul geplant war, hat die Wichtigkeit der Bundestagsresolution zum Völkermord an den Armeniern noch einmal verdeutlicht. Denn künftig müssen sich alle politischen Entscheidungen, die dieses Thema betreffen an dieser Referenz messen lassen.
So auch für den vorliegenden Fall der Absage. Für das Außenministerium bedeutet die Absage, dass es sich bei dieser Entscheidung nicht an die politischen Leitlinien des Bundestages gehalten hat. Bedauerlicherweise ist dieses Verhalten jedoch keine Ausnahme. Es gibt viele Beispiele, die aufzeigen, wie schwer es Regierungen fällt sich einer parlamentarische Kontrolle zu unterziehen oder ihr sich gar einzuordnen. Zu nennen wären z.B. die Verhandlungen zu TTIP, CETA und der Flüchtlingsdeal mit der Türkei. Alle genannten Beispiele zeigen auch, wie wichtig diese parlamentarische Kontrolle ist. Denn ohne die demokratisch legitimierte Referenz entfiele der für den Rechtsstaat notwendige Bezugspunkt zur Rechtfertigung für das Regierungshandeln.
Zusätzlich hat die Absage und die dadurch entstandene Debatte jedoch auch eine innenpolitische Relevanz von bedeutendem Ausmaß. Will der Chef des Auswertigen Amtes Frank Walter Steinmeier tatsächlich Bundespräsident werden, so muss er sich diese Entscheidung seines Ministeriums vorhalten lassen. Es ist nicht das erstem Mal, dass sich Außenminister und Kandidatanwärter für das Bundespräsidentenamt Steinmeier auf zweifelhafte Weise dem Leugnungsnarrativ nicht entgegengestellt hat. Bereits vor Abstimmung der Bundestagsresolution ließ er seine Abneigung gegen diese deutlich erkennen und fehlte am Abstimmungstag auf der Regierungsbank. Er ging damit weiter als die Bundeskanzlerin, die zwar nicht anwesend war, jedoch erklären ließ sie unterstütze die Entschließung des Bundestages.
Es ist daher mit besondererAufmerksamkeit zu verfolgen wie sich ein Anwärter für das höchste Deutsche Amt gegenüber den Entscheidungen der Vertretung des Souveräns verhält. Ein Bundespräsident kann sich nicht auf die Rechtsunverbindlichkeit der Resolution berufen. Sein Wirken ist überparteilich und gekennzeichnet vom Bemühen die Werte unserer Demokratie in die Politik zu überführen.
Mit der Annahme der Resolution über Fraktionsgrenzen hinweg hat der Deutsche Bundestag eine aus historischen Tatsachen gewonnene Erkenntnis politisch Bewertet und sich dazu bekannt. Herr Steinmeier hat sich diesem Bekenntnis entgegen gestellt. Es ist fraglich, ob er als Bundespräsident die Politik des Bundestages aufgreift, oder sich weiterhin dieser Resolution entgegenstellen wird. Eine Stellungsnahme von Frank Walter Steinmeier hierzu steht noch aus. 

 

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